»Harry Potter« hat uns ja in seinen Abenteuern schon viele wundersame Wesen vorgestellt.
Ich habe höchsten Respekt vor seiner Erfinderin. Und ich liebe es, eigene Welten und ihre Bewohner zu erschaffen. Skizzen sind da nicht verkehrt.
Ob Alraunen, Nibbler, Drachen, Einhörner, die putzigen Bowtruckles oder die bemitleidenswerten Hauselfen, die durchtrieben wirkenden Kobolde, die schrägen knallrümpfigen Kröter oder tumbe Riesen – viele entstammen der begnadeten Fantasie einer J. K. Rowling, manchmal unter Zuhilfenahme von Sagen. Was mich aktuell bezaubert hat, war eine Szene aus »Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind.« Ob die Occamys (besondere Schlangen mit gefederten Vogelköpfen) oder die süßen Bowtruckles, die Mondkälber oder der gigantische Donnervogel – sie sind geniale Geschöpfe in einem einfallsreich und liebevoll gestalteten Privatzoo ganz unten im Koffer von Newt Scamander.
Solche Wesen zu entwickeln ist nicht leicht, vor allem wenn man nicht abkupfern will.
Ich freue mich immer sehr über Rezensionen wie diese für »Gejagte«: »Wie schon in der Zaramé-Saga schafft es die Autorin, sagenhafte Kreaturen und Welten vor dem inneren Auge zu erschaffen.«
Es gibt Steinengel und Feuerwarane, Dracomalos und Nomboz, und auch Gestaltwandler und Feen - aber alle à la Ainoah Jace.
Die Welten sehe ich relativ schnell vor meinem inneren Auge.
Die Länder in »Das Buch der Zaramé« beschreiben in weiten Teilen das Mittelalter mit seinen nicht gerade leichten Lebensbedingungen, von der Gerechtigkeit der Herrschenden gegenüber dem Volk mal ganz zu schweigen.
Das Entwickeln von Maroc, Djamila, Boscano und Lilas in der »Traumwandlerin-Saga« fiel mir nicht schwer. Eine jede hat etwas Eigenes, das ich mir als Lebensraum erträumen würde.
Beretar und die Schollen mit ihrer Bevölkerung darzustellen oder die Eigenheiten der Airballons auszumalen, war unglaublich erfüllend. Die Flusslande Cassians sind dagegen wunderschöne Plätze unserer Erde, denen ich eine dezent veränderte Struktur verschafft habe.
Was für eine geniale Fantasie muss der Erfinder von Mittelerde besessenen haben, um seine Welten mit Sprachen und Schriften entstehen zu lassen? Hier bin ich ein kleines Licht voller Bewunderung.
Ich wünsche euch kuschlige Lese- oder Filmabende und fantastische Träume danach.
Eure Ainoah
Leseprobe aus "Gejagte" - Traumwandlerin-Saga, Teil 3
Nell fuhr hoch, als die samtig dunkle Stimme aus der Nachbarzelle zu ihr sprach.
»Wer bist du?«, flüsterte sie ängstlich. Ein tiefes Brummen war die Antwort.
»Dubumula nennen sie mich, dies bedeutet Bärenmann.«
Von hinten erscholl Sions Stimme:
»Ich habe von dir gehört. Du bist ein Gestaltwandler wie ich.«
Erneut ertönte das Brummen, es klang unwillig.
»Nicht ganz, Steinengel. Ich fresse keine Menschen. Du hast da einen seltsamen Gefährten an deiner Seite, Traumwandlerin.«
Nell sah lächelnd zu Sion hinüber.
»Ja, das ist wohl wahr. Es tut mir Leid, Sion, dass du nun auch gefangen bist. Gibt es keine Mittel und Wege für dich zu fliehen? Irgendjemand muss die anderen warnen. Shane darf nicht kommen und versuchen mich zu befreien. Es wäre ihrer aller Tod!«
Sion seufzte leise.
»Ich weiß es nicht, Nell. Kennst du eine Möglichkeit, hier herauszukommen, Dubumula?«
»Wäre ich in diesem Fall noch hier?«, war die lakonische Antwort.
»Wir schaffen es erst hier raus, wenn es taut oder der Eiskönig Gnade walten lässt. Darauf warte ich schon seit zwei Monaten.«
Der Bärenmann brummte wieder und Nell rückte etwas näher an die Zellenwand, um ihn besser erkennen zu können.
Zuerst sah sie nur weißes Fell, dann erkannte sie den Kopf eines Eisbären, die riesigen Tatzen, die Schnauze mit den gewaltigen Fangzähnen.
»Warum nennen sie dich Bärenmann? Du bist ein Eisbär, selbst wenn du sprechen kannst.«
Der Eisbär setzte sich schwerfällig auf und saß auf seinem Hintern wie ein Mensch. Ein Rascheln und Schaben ertönte und Nell war sprachlos:
Der Körper des Bären verwandelte sich vor ihren Augen. Sie konnte die Veränderung nicht nachvollziehen, nicht begreifen, aber der Bär verschwand irgendwie. Die Glieder wurden schlanker, der Körper kleiner, dann fiel der dicke Pelz zu Boden und vor ihr saß ein hochgewachsener Mann, gekleidet in warme, weiße Winterkleidung.
Er legte den Pelz zur Seite und sah sie ernst an. Er war seltsamerweise glattrasiert oder es wuchs ihm einfach kein Bart. Die Augen waren die schwarzen, kleinen Äugelein des Eisbären und die Nase war geringfügig größer als gewöhnlich. Nell hätte ihn nicht unbedingt als attraktiv beschrieben, aber ganz sicher als beeindruckend. In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken.
Dies erschien noch seltsamer als die Versteinerung der Angelithen. Konnte es so etwas geben oder war das ebenfalls ein Traum? Wenn auch ein wesentlich weniger erschreckender wie der, den sie zuvor vom Tode der vielen geliebten Menschen gehabt hatte!
»Deshalb nennen sie mich Bärenmann oder Gestaltwandler. Aber das nützt mir hier drin alles nichts. Ich habe allerdings den großen Vorteil, dass mir nicht kalt ist.«
Er griff nach seinem soeben abgelegten Pelz und breitete ihn flach auf dem Boden aus. Dann schob er ihn zu Nell hinüber. Sie sah den Bärenmann ungläubig an.
»Du gibst mir deinen Pelz? Du brauchst ihn doch selbst.«
»Nimm ihn schon. Dein Steinengel und ich können die Temperaturen ertragen. Ich habe auch etwas Nützlicheres an als du mit deinen schwarzen Wüstenkleidern. Du hast Wärme und Schutz vor dem Eis nötiger.«
Nells Hand näherte sich vor Kälte zitternd dem Stück Pelz, welches unter dem Kristallgitter durchschaute. Sie sehnte sich nach der Behaglichkeit, die dieser Pelz versprach.
»Warte!«, sagte Sion warnend von hinten.
»Du kennst ihn nicht. Vielleicht kann er dich mit seinem Fell gefangen nehmen.«
Der Bärenmann brummte eindeutig verächtlich:
»Sie ist wohl grundsätzlich sehr vertrauensselig, sonst säße sie nicht mit einem Monster wie dir seelenruhig in einer Zelle. Sag mir, Mädchen, hast du schon Schlüssel gefunden?«
Nells Hand fasste nach dem Pelz und zog langsam daran, während sie antwortete:
»Ja, das habe ich, Dubumula. Aber der Eiskönig wird uns alle vernichten, sogar wenn die Brücke ausgefahren ist. Ich sah letzte Nacht, welch starken Zauber er beherrscht.«
Sie strich sanft über das Haarkleid, das nicht wie ein Fell von einem getöteten Tier unter den Haaren eine harte, kratzige gegerbte Lederhaut hatte. Nein, die Haut war weich wie das Fell selbst. Wohlig aufseufzend kuschelte sie sich hinein und der Bärenmann lachte leise.
Weitere Leseproben zu meinen Büchern findet ihr in den vorigen Blogeinträgen und auf meiner Facebookseite.
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