Lest ihr auf der Couch, Liege oder im Bett?
Wo war euer schönster oder spannendster Leseort? Ich glaube, ich kann alles toppen, mit einem Erlebnis auf einer griechischen Insel.
Beim Sinnieren über die Änderung meiner Lesegewohnheiten, vor allem seit ich schreibe – erinnerte ich mich an einige skurrile Begebenheiten.Wie ihr vielleicht in »Über Ainoah« erfahren habt, verbrachte ich viele Ferienwochen meiner Kindheit und Jugend auf einer Segeljacht. Auch wenn ich mich gelegentlich darüber beschwerte, dass ich die Ferien nicht zuhause mit meinen Freundinnen oder auf einem Pferderücken verbringen konnte, weiß ich natürlich, dass es etwas ganz Besonderes war. Über einige Geschehnisse und die stählernen Nerven meines Vaters kann ich heute nur den Kopf schütteln.
Mit leisem Rauschen über das durch die Strahlung der Sonne glitzernde Wasser zu gleiten, die Nase im Buch, oder auf dem Bugkorb sitzend lauthals Musicalsongs zu schmettern, dies schenkte mir viel Zeit zum Nachdenken.
Es gab natürlich auch die anderen Seiten: Stundenlange Flaute (gut zum Lesen), stürmische See (gut zum Gewicht halten – mein Magen hält nichts von Wellen), rationiertes Süßwasser (also Duschen mit Wasserschlauch am Steg im Hafen). Sengende Hitze mit wenig Schatten, denn Sonnenbrand, Ozonloch und Hautkrebs waren damals noch kein Thema. Nur viel zu kurze Aufenthalte im Hafen oder an Orten, wo man andere Kinder und Jugendliche treffen konnte, ließen mich und meinen Bruder manchmal verzweifeln.
Da ich aber seit jeher eine Wasserratte bin, konnte mich das salzige Blau der Adria oder des tyrrenischen Meers meist darüber hinweg trösten. Ich liebte die einsamen Buchten griechischer Inseln – nur bewohnt von ein paar Ziegen – und die kargen Kornaten-Inseln, die heute Naturschutzgebiet sind. Auf den Felsen der Krker Wasserfälle erprobte ich stückchenweise meinen Mut, indem ich die Sprunghöhe in die dunkelgrünen Steinbecken langsam steigerte. Ich glaube, heute ist es verboten.
Eine Nacht verbrachten wir, dank einer Plastiktüte in der Motorschraube, treibend vor dem aktiven Stromboli, eine der vulkanischen liparischen Inseln. Ein irrer Anblick, aber auch furchteinflößend, vor allem wenn sich der Kapitän des Schiffes tauchend im stockdunklen Wasser befindet.
Eines meiner Highlights war, wenn mir die Morgenwache übertragen wurde und ich (und der Autopilot) die alleinige Gewalt über die »Farfalla« hatten. Sonnenaufgang über dem Meer, das treibt einem die Tränen der Begeisterung in die Augen.
Ganz sicher startete hier meine träumerische Geschichtenerfinderei!
Lesen konnte ich nicht nur auf dem Boot. Es gibt zahlreiche traumhafte Felsen an der istrischen Küste, wo man heute kaum einen Platz für sein Handtuch finden kann. Einsiedlerkrebse und Seesterne beobachten, das mache ich immer noch gerne. Seesterne findet man allerdings heutzutage selten und weitab von den Touristenzentren. (Mehr dazu im entsprechenden Blog Autorin unterwegs: Hitze ...)
An einen Leseort erinnere ich mich mit einem lauten Lachen:
Wir ankerten in einer kleinen Bucht einer griechischen Insel. Ich saß auf dem Deck, die Nase tief im Buch vergraben. Da brodelte es einige Meter neben mir, und ich traute meinen Augen nicht: Der Turm eines U-Boots erschien, dann der Rest. Genaue Einzelheiten zu Fabrikat, Entfernung oder Personen kann ich heute leider nicht mehr geben, es ist lange her.
Wir wurden freundlich, aber nachdrücklich darauf hingewiesen, dass wir uns in einer militärischen Sperrzone befänden. (Die Warnschilder waren auf der anderen Inselseite angebracht.) Ich habe keine Ahnung, wie lange es dauerte, dass ich auf die Bewegung und den Lärm neben mir reagiert habe. Damals konnte viel geschehen, wenn ich mitten im Buch lebte. Mein Mann behauptet, das wäre noch heute so.Übrigens hatten wir einmal eine weitaus gefährlichere Situation, als wir an der istrischen Küste, außerhalb der Brionischen Inseln unterwegs waren. Das heutige Naturschutzgebiet war damals Sperrzone und privater Aufenthaltsort des jugoslawischen Marschalls Tito. An diesem Tag gerieten wir wohl näher an unerlaubtes Gebiet als bei früheren Törns in der Gegend.
In einem Affenzahn kam ein Zerstörer in unsere unmittelbare Nachbarschaft gebraust, und legte sich in einigen hundert Metern längsseits. Mit einem Megafon wurden wir zum sofortigen Abdrehen aufgefordert. Hier war kein Lacher mehr angesagt, wir machten, dass wir auf die offene Adria, Richtung Italien, kamen.
Für meine Mutter war es vermutlich am schrecklichsten. Sie warnte im Allgemeinen schon 20 Seemeilen zuvor, dass ein »Kollisionskurs« mit einem der großen Tanker anstünde. Diese steuerten meist Monfalcone oder Triest an und passierten uns dann gemächlich in sicherer Entfernung.
Ich kann auch heute noch überall in meine Welten versinken – beim Lesen und beim Schreiben. Das kann lästig für meine Umwelt sein, sie muss es aber leider ertragen. So bin ich eben.
Ab sofort ist Cassian wieder »on Tour«. Ich beginne mit der Arbeit, eigentlich der großen Freude, an Teil II von »Sternenflut«.
Cassian geht auf die Suche nach den Menschen, die die Sternenwächter überzeugen und Gnade gegenüber der Menschheit walten lassen sollen. Wie müssen die Personen, deren Charakter und Fähigkeiten aussehen, um die Prüfung von Gaia zu bestehen?Seid ihr gespannt? Ich ebenso, obwohl ich dazu natürlich einige Ideen entwickelt habe. Und ihr könnt davon ausgehen, dass meine Erlebnisse mit dem Wasser auch hier wieder in die Abenteuer meines Flusshändlers einfließen werden. In der Höhle auf dem obigen Bild wurde übrigens ein Teil des Buchtrailers gedreht.
Ihr kennt Teil I noch nicht?
Das E-Book gibt es hier bei Amazon.
Eure Ainoah
Leseprobe aus "Die Reise" - Sternenflut-Trilogie, Teil 1
Es war etwa ein Jahr seit seiner ersten Durchfahrt der Grenzer-Klamm vergangen. Sobald seine Erschöpfung damals vorüber gewesen war, hatte sich Cassian an die Zeichnung einer Karte gemacht. Diese zog er nun aus der Ledertasche und studierte sie gewissenhaft.
Eine große Biegung lag vor ihm, dann folgten mehrere schmale Stellen vor einem längeren, nicht zu steilen Gefälle, das allerdings dem Holzboden des Kahns einiges abverlangen würde.
Danach wäre das Schlimmste überstanden, und er konnte mit hohem Tempo durch zahlreiche ungefährliche Strudel auf einem breiteren Flusslauf in Richtung des heutigen Tagesziels rauschen.
Morgen wäre er dann in Achaia.
Er war gespannt, ob er dort alles wie gehabt vorfinden würde: Wärmende Lagerfeuer, Wein und fröhliche Menschen, die es liebten, Musik zu machen. So lebten die Acheduin, das Volk der Flussnomaden.
Er erhob sich und spannte auf jeder Kahnseite ein Seil knapp vor seine gewohnte Standposition. Diese würde er als Haltemöglichkeit brauchen, oder auch, um ein Bein darum zu schlingen. Jede Chance nutzen, die ihm zu mehr Standfestigkeit verhalf, wenn es wackelig wurde. Er löste das Bugseil vom Felsen und stieß sich ab. Immer schneller werdend trieb der Kahn ohne sein Zutun auf die Enge zu.
Cassian hatte zuvor ein Steuerholzblatt am Heck montiert, das er normalerweise beim Dahinstaken nicht benötigte. Nun legte er den Rudel ins Boot und griff nach der Pinne, mit der er das Steuerblatt bediente. Durch die Länge des Kahns war die Steuerung zwar schwerfällig, aber immerhin vorhanden. Rechtzeitiges Gegenlenken war die Devise und Cassian rief sich die Kurven zwischen den hochaufragenden Wänden in Erinnerung.
Die nächste halbe Stunde kämpfte er gegen das Beben des Holzsteuers und hoffte, dass es unter der Last nicht brach. Das Zittern des Bootes, wenn es auf die Strudel gehoben wurde und wieder hinunter krachte, schmerzte ihn beinahe, da er spürte, wie der Kahn litt. Er selbst war bereits seit der ersten langen Biegung schweißüberströmt und nach den darauf folgenden engen Windungen durch die hoch spritzende Gischt pitschnass. Langsam wurde die trockene Kleidung knapp. Den Kniefall im Wasser vor der schönen Mirja hätte er besser bleiben lassen sollen. Dennoch schwebte ihr Gesicht vor seinem Auge und lenkte ihn viel zu sehr von der Gefahr ab.
Die Sonne stand im Zenit und brannte auf ihn herab. Auch wenn sie den nassen Mann nicht wärmte, wusste er, dass ihm ein Sonnenbrand gewiss wäre, hätte er nicht durch seine Tätigkeit als Flusshändler sowieso eine gebräunte Haut.
Ein schriller Schrei wie der einer Möwe erregte seine Aufmerksamkeit, und er legte die Hand schützend über seine Augen, um im Gegenlicht etwas erkennen zu können. Der Ozean war zu weit entfernt, als dass sich Möwen hier niederließen. Dunkle Löcher im oberen Drittel der Felswände konnte Cassian entdecken, aber keine Spur von einem Vogel. Sein Kopf ruckte nach rechts. Da rührte sich jemand in Höhe der niedrigen Buschreihe hoch droben auf dem Felsgrat. Schatten bewegten sich, viel zu groß für Vögel, und die Motorik ließ auf Zweibeiner schließen.
Cassian hatte noch nie von Menschen gehört, die dort oben lebten. Andererseits war dies auch nicht die Gegend, in der er sich gewöhnlich aufhielt.
Sollten sie ihm feindlich gesinnt sein, war er hier unten ohne jede Deckung. Das Herz rutschte ihm bis in die Kniekehlen, da dicht vor ihm die Felswand der nächsten Biegung aufragte. Er hatte alle Hände voll zu tun, den Kahn zum Abdrehen zu bringen. Cassian fluchte laut, weil er sich hatte ablenken lassen. Seine starken Arme, die kraftraubende Arbeit gewohnt waren, zitterten vor Anstrengung, und er befürchtete, es nicht mehr rechtzeitig zu schaffen. War seine letzte Chance, sich in die Fluten zu stürzen, falls das Boot zerschellte?
Böse Zacken aus hartem Stein ragten schräg rechts vor ihm auf, und er wusste, er musste die Nerven behalten.
Mehr Druck hielt das Steuerruder nicht aus. Sollte es brechen, wäre alles vorbei!
Der Kahn drehte sich mit quälender Langsamkeit, schrammte mit einem trommelfellzerfetzendem Ton am Felsen entlang und löste sich dann von dem Hindernis. Cassian atmete auf und richtete sein Gefährt wieder geradeaus. Kurz lehnte er sich über die Bordwand, nicht ohne sich an seinem Halteseil festzuklammern, um nachzusehen, ob das Holz Löcher aufwies. Eine tiefe Scharte, aber kein Leck. Offensichtlich war er mit einem blauen Auge davon gekommen.
Er blickte nicht zurück, denn es machte keinen Sinn. Die Angreifer hätten auch nach dem Grenzer gute Aussichten ihn zu erwischen, sollten sie es darauf anlegen.
Allmählich wurde der Pree wieder ruhiger, wenngleich er wenig Ähnlichkeit mit dem geruhsamen Fluss von heute Morgen besaß. Doch Cassian durfte in seiner Konzentration nicht nachlassen: Das lange Gefälle stand ihm noch bevor. Er hörte das Rauschen bereits, obwohl er sich mehrere hunderte Meter entfernt befand.
Er erinnerte sich zu gut an die damalige Durchfahrt. Das Rauschen war ihm natürlich ebenso aufgefallen. Aber den Wasserfall, der diesen Namen aufgrund der geringen Falltiefe nicht verdiente, sah man erst wenige Meter vor seinem Anfang. Er war zu Tode erschrocken gewesen, als sein Kahn plötzlich abkippte. Er rutschte mehr, als er fuhr unter grauenhaftem Rumpeln über hervorstehende, wenn auch glücklicherweise durch die Macht des Wassers abgerundete Steine.
Trotz seines Wissens setzte sein Herz gefühlt wieder einen Schlag aus. Er verdrängte den Wunsch, die Augen zu schließen und sich die Ohren zuzuhalten, während er mit seinem Boot litt. Nach etwa fünfzig Metern war es dann geschafft: Die Grenzer-Klamm war bezwungen.
Er ließ sich auf die Bank sinken und stützte sich schwer auf das Steuer. Der Kahn glitt von alleine schnurgerade dahin, und Cassian nutzte die kurze Phase der Erholung.
Er hielt nach einer günstigen Anlegemöglichkeit Ausschau, damit er das Ruder und das zusätzliche Seil abbauen, das aufgefangene Wasser aus dem Inneren schöpfen und sich umziehen konnte.
Ein großer runder Felsbrocken lag am linken Ufer halb im Wasser halb am Land und dahinter machte der Fährmann einen sandigen Platz aus. Dort würde er anlanden.
Der Kahn glitt ohne den Schub des zuvor so aggressiven Flusses langsam dahin und Cassian nahm Stück für Stück wahr, was hinter dem Felsen lag und sich enthüllte. Ein Glitzern war das Erste, was er erkennen konnte. Da er mittlerweile instinktiv danach Ausschau hielt, erschrak er über die ungewohnte Reglosigkeit der im Wasser treibenden Schwanzflosse. Der Unterleib lag im Sand, ebenso viel zu ruhig. Mirjas Oberkörper war unter wildem Haar verborgen, ihr Gesicht wandte sich dem Felsen zu und Cassian konnte nicht sehen, ob sie die Augen geöffnet hatte.
Er ließ den Kahn auf den schmalen Sandstreifen auflaufen und schlang das Seil rasch um den nächstgelegenen Baum. Dann stürzte er neben der Nixe, die sich immer noch nicht bewegt hatte, auf die Knie.
Weitere Leseproben zu meinen Büchern findet ihr in den vorigen Blogeinträgen und auf meiner Facebookseite.
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