Ich recherchiere wieder fleißig, manchmal ist es fast ein Fluch, wenn es mich aus dem Schreiben reißt.
Aber meist sehe ich es als Segen an, denn durch nichts anderes lerne ich so schnell in so kurzer Zeit dazu. Sei es über den Atchafalaya Swamp, den Sumpf, in den sich unglaubliche Wassermengen des Mississippi begeben und wo eine traumhafte Welt entstanden ist.
Oder auf den Spuren von »Vom Winde verweht«. Diesen großartigen Roman kennen sicherlich die meisten von euch, nicht wahr? Wenn nicht, das wäre für alle, die geschichtlich interessiert sind, nachzuholen. Hier gerate ich an eine Vita von Margaret Mitchell, der Autorin des o.g. Weltbestsellers. Diesen habe ich als Jugendliche verschlungen, obwohl ich die Zicke Scarlett sowohl im Buch als auch im Film durch Vivien Leigh verkörpert, nicht besonders gut leiden konnte. Trotzdem litt ich irgendwann mit ihr, viel mehr allerdings mit dem Schmuggler und Lebemann, der sich unsterblich in sie verliebt hatte. Rhett Butler – ein großartiger Typ im Buch, und auch den Schauspieler Clark Gable empfand ich als attraktiv und eine gute Wahl.
Das Bürgerkriegs-Epos (Pulitzerpreis 1937), das mir diese Zeit und ihre Menschen näher brachte als jeder Geschichtslehrer, wurde von der Reporterin Mitchell mit zwei Fingern auf einer Schreibmaschine getippt. Viele Seiten davon in einem kleinen Haus, das sich heute zwischen Wolkenkratzern in Atlanta versteckt.
Die Autorin starb übrigens, als sie eine Straße überquerte. Paradox, da ich sie mir stets zwischen Herrenhäusern vorstellte, die nur hoch zu Ross oder per Kutsche aufgesucht wurden. So viel zu meiner Fantasie. Für mich und viele andere sah Tara ziemlich genau wie das Hotel Oak Alley Plantage (Hotel und National Historic Landmark) aus.
Für die Romantiker unter uns gibt es dann auch noch die Geschichte der Evangeline, über die ich bei Recherchen zu Jakes Heimatort Lafayette gestolpert bin: 1847 schrieb Henry Wadsworth Longfellow die tragische Liebesromanze. Evangeline und Gabriel mussten sich an ihrem Hochzeitstag trennen, da der Gouverneur von Neuschottland die Akadier zwang auszuwandern, falls sie sich nicht der Britischen Krone unterwarfen und dem katholischen Glauben abschworen.
Evangeline landete in Louisiana wie die meisten der Akadier und erfuhr, dass sich ihr geliebter Gabriel in einem anderen District aufhielt. Sie reiste zu ihm, aber er war bereits voller Kummer weitergezogen. Nachdem ihre lebenslange Suche quer durchs Land erfolglos blieb, trat sie den Sisters of Mercy in Philadelphia bei. Jahre später fand sie Gabriel auf seinem Sterbebett, er starb in ihren Armen.
Manche bewerten die Geschichte als wahres Zeitdokument, Longfellow selbst erhob diesen Anspruch nicht. Es gibt einige Variationen der Geschichte, aber keine davon hat ein Happy End. Nicht schön für mich!
Traurig aber wahr ist allerdings die Abschiebung (wie man heute sagen würde) der französisch-stämmigen Siedler aus dem frankophonen Kanada bis in den Süden der heutigen USA, wo die Cajuns (Akadiens war für die Amerikaner schwer auszusprechen, es wurde mit der Zeit zu Cajuns) lange Zeit als nicht vollwertige Einwohner behandelt wurden.
So, jetzt tauche ich wieder aus der Südstaatenvergangenheit auf und in die moderne Geschichte meiner Magnolia ein, damit Band 4 der Dawsons Fortschritte macht.
Direkt nach Louisiana reist die lebenslustige Magnolia auf den Spuren des Mannes, den sie doch nicht so einfach ziehen lassen kann wie gedacht. (Leseprobe s. u.)
Viel Spaß!
Eure Katie
P.S. Ich kann euch »Vom Winde verweht« wirklich sehr ans Herz legen.
Quellen: www.welt.de/reise/staedtereisen/article109233906/Scarlett-O-Haras-Spuren-sind-Vom-Winde-verweht.html / www.lafayettetravel.com/explore/legend-of-evangeline
Leseprobe Magnolia:
Kurz bevor ich wieder die Hauptstraße erreichte, kam ich an einem der hier seltenen mehrstöckigen Gebäude vorbei. Auf dem Dach reichte ein Mann irgendein Material weiter an den, der ganz oben auf dem First begonnen hatte, dieses anzunageln.
Ich zuckte zusammen, denn der muskulöse Mann erinnerte mich sehr an Jake. Ohne es zu wollen, verlangsamte ich mein Tempo, um ihn besser erkennen zu können. Der zweite Mann auf der Leiter wurde auf mich aufmerksam und grüßte mit einem Tipp an seine Schirmmütze herunter. Ein anerkennender Pfiff folgte, der mich zusammenzucken ließ. Ein breites Lächeln zog über sein Gesicht, und er sagte etwas zu seinem Arbeitskollegen, der sich aufrichtete. Es war Jake!
Bevor dieser sich ganz zu mir umwenden konnte, gab ich Gas. Beinahe wäre ich auf dem Seitenstreifen gelandet und danach vermutlich am nächsten Gartenzaun, aber ich riss den Wagen gerade noch herum.
Ich hörte, wie der andere lachend hinter mir herrief:
»Langsam, Süße. Du musst doch nicht gleich flüchten, ich bin doch ein ganz Netter.«
Dann übertönte mein Herzschlag in meinen Ohren alles.
Nach der nächsten Abbiegung blieb ich am Straßenrand stehen und lehnte mich an die Kopfstütze. Ich atmete tief ein und schloss einen Moment die Augen, bis ich den Geruch von Gebratenem in die Nase bekam, was meinen Magen zum Knurren veranlasste. Ich hörte ein Auto vorüberfahren und das Tempo verlangsamen. Es bog neben mir in die Einfahrt zu einem der Häuser ein. Eine Tür klappte auf und eine Kinderstimme fragte auf französisch:
»Maman, schläft die Frau im Auto? Hat sie keine Wohnung?«
Eine weiche Frauenstimme antwortete direkt neben meinem Wagen, und ich riss die Augen auf.
»Mademoiselle, ist alles in Ordnung mit Ihnen? Kann ich Ihnen helfen?«
Sie war noch sehr jung und trug ein Baby auf dem Arm.
Mein Schulfranzösisch war ziemlich eingerostet, bis ich eine Zeit lang einen Stammgast aus der französischsprachigen Schweiz im Tara’s versorgen durfte. Sebastien arbeitete für ein halbes Jahr als Lehrer an der CU, der Universität Boulders, und genoss meinen Café au Lait beinahe täglich. Ich freute mich über die Gelegenheit, das Französisch wieder auszugraben und er darüber, seine Muttersprache sprechen zu dürfen.
Diese Übung half mir, trotz des Schocks eine einigermaßen vernünftige Antwort hervorzustoßen.
»Oui, merci. Ich habe mich nur erschreckt.«
»Bleiben Sie hier stehen, bis Sie sich erholt haben. Soll ich Ihnen ein Glas Wasser bringen?«, fragte sie besorgt nach.
Große dunkelgrüne Augen sahen mich an und ich lächelte. Was für eine bildhübsche Frau mit ihren blonden, in einem einfachen Pferdeschwanz gebändigten Locken.
»Das ist sehr freundlich, Madame, aber es geht schon wieder. Ich bin gleich am Hotel und kann mich ausruhen. Sie haben reizende Kinder.«
Das Baby besaß wohl die Augen des Papas, sie waren tiefdunkel und strahlten mich an. Neben der Frau stand ein kleiner Junge, etwa so alt wie Teddy und musterte mich neugierig, während er seine Schultasche vor sich hielt. Die Frau lachte.
»Ja, das finde ich auch, vielen Dank. Dann wünsche ich Ihnen einen schönen Aufenthalt in Lafayette.«
Ich bedankte mich und startete meinen Wagen. Mein Winken erwiderte der Kleine begeistert, bevor er seiner Mutter ins Haus folgte.
Das Quality Regency war trotz des Namens nicht das teuerste Hotel in Lafayette gewesen und hatte mich mit der barocken Einrichtung bezaubert. Als ich das Foyer betrat, stand ich mit beiden Beinen in den Südstaaten vor dem Bürgerkrieg. Dicke Samtbordüren, kunstvoll gedrechselte Holzsessel mit Brokatbezügen, kleine Tischlein und kupferne Lampen. Ein kleines Stück Frankreich im Süden der USA – wie wunderbar. Hier sah ich das große Pendant zu meinem Café, das ich ebenfalls nach diesen Vorgaben gestaltet hatte. Natürlich hatten die Südstaaten mit ihren Bewohnern für mich unakzeptable Ansichten, die ja auch der Grund für diese Schlacht unter Brüdern gewesen waren. Das unabrückbare Festhalten an der Sklaverei hatte abgeschafft werden müssen.
Familien wie die meiner, von Margaret Mitchell erfundenen, aber nicht unrealistisch beschriebenen Namenspatronin Scarlett O`Hara, hatten sich bis zuletzt mit Händen und Füßen dagegen gewehrt.
Diesmal wurde ich auf Englisch begrüßt, und man führte mich in ein wunderschönes Zimmer. Ja, hier ließe es sich aushalten und genießen, wären nicht meine Nerven völlig zerrüttet.
Ich gönnte mir eine Dusche und überlegte ewig, was ich anziehen sollte, um liebenswürdig-beherrscht zu wirken.
Wem wollte ich etwas vormachen? Jake? Er würde mich einmal mit seinen brennenden Augen ansehen und ich würde wieder vor Sehnsucht und Leidenschaft verbrennen und zugleich dagegen ankämpfen.
Vielleicht sollte ich erst morgen zu ihm fahren und mich heute innerlich darauf vorbereiten.
Um wieder nicht schlafen zu können?
Ich seufzte, denn wie ich es auch drehte und wendete: Mein Problem war, dass ich diesen Mann haben wollte. Und ich hatte keine Ahnung, ob er es trotz seiner ganzen Anmachsprüche, Komplimente und Anspielungen jemals ernst gemeint hatte. Wäre er dann nicht in Boulder geblieben und hätte um mich gekämpft? Hatte ich ihn wirklich so sehr verletzt?
Likes, Kommentare und Weiterempfehlungen über social media oder direkt auf der Seite sind mir sehr lieb und ich bemühe mich stets um baldiges feedback zu euren Fragen.