Leseprobe:

Die Fortsetzung des Fantasy-/Science Fiction Abenteuers um die attraktive Admiralin Talin und den undurchschaubaren Fürstensohn Naim geht weiter.

beretar2 400pxIhre Lider wogen schwerer als Blei, doch sie vermochte es mit einiger Anstrengung ihre Augen zu öffnen. Helligkeit schoss auf sie zu und sie unterdrückte einen Aufschrei, da der Blitz durch ihre Augen direkt in ihrem gequälten Kopf explodierte. Wo war sie nur?
Die Augen zusammengekniffen, um mehr erkennen zu können und das grelle Licht zu dämpfen, blickte sie der Quelle der Unbehaglichkeit entgegen. Ein schützender Schatten stand zwischen ihr und dem Ausgang des Ortes, wo auch immer sie sich gerade befand. Ein Mann, schmal in den Hüften, breit in den Schultern, lehnte am Felsen, einen Arm über sich aufgestützt, an welchem sein Kopf lehnte. Dunkles Haar, beinahe schulterlang, schien er in die Weite zu blicken, tief in Gedanken versunken. An wen erinnerte sie der Mann nur?
Die Frau spürte einen Luftzug und wandte ihren Kopf, um den Grund dafür herauszufinden. Unwillkürlich weiteten sich ihre Augen, als sie sich erstaunt umsah. Sie befand sich in einem aus Fels gehauenen Raum, der eingerichtet war wie ein feudales Urlaubsdomizil auf der Frei-Scholle. Doch ihr war neu, dass es dort Zimmer in irgendwelchen Felsen gab. Unmut machte sich in ihr darüber breit, dass sie so orientierungslos war. Sie versuchte, sich an ihren letzten Aufenthaltsort zu erinnern, aber diese Anstrengung schlug fehl. Sie bog ihren steifen Rücken durch und stieß im gleichen Moment einen kleinen Schmerzenslaut aus. An ihrer Taille bis hinauf bis unter die Achsel brannte es wie Feuer, doch sie konnte sich an keine Verletzung erinnern.
Eine Bewegung vor ihr zeigte, dass ihre Reaktion nicht unbemerkt geblieben war. Der Mann hatte sich umgewandt und kam nun rasch auf sie zu.
»Talin? Du bist wach? Gott sei gedankt, dann hast du es überstanden.«
Sie starrte den gutaussehenden Fürstensohn vor sich erstaunt an, den sie jetzt erkannt hatte, denn eine besorgte Miene kannte sie von ihm nicht. War er sonst nicht entweder grimmig und schlecht gelaunt oder machte jemandem die Existenz schwer, wenn er nicht sein eigenes Leben gerade so führte, wie es ihm beliebte?
»Naim?«, fragte sie zögernd nach. »Was machst du hier? Wo sind wir?«
Seine Stirn legte sich in Falten und Talin wunderte sich über den Anflug ihres Bedürfnisses, ihm die dunkle, glänzende Strähne aus dem Gesicht zu streichen. Was interessierte sie sein Aussehen?
Aber noch wichtiger war die Antwort auf ihre Fragen. Wo war sie und warum war er an ihrer Seite? Und warum zum Teufel war sie verletzt? Erschöpft von dieser ungewohnte Unsicherheit, schloss sie erneut die Augen.
»Talin, bitte bleib wach! Ich schaue mir jetzt bereits seit drei Wochen deine geschlossenen Augen an und du weißt, Geduld ist nicht meine Stärke.«
Ruckartig gingen die Lider wieder nach oben und Talin hakte ärgerlich nach: »Was soll das heißen: drei Wochen? Wo ist meine Crew?«
Da schoss ihr ein Fetzen Erinnerung wie ein Aufleuchten durch die Gedanken. Die Verdana-Schlucht, ein silberhaariger Mann, der sie geküsst hatte, eine riesige Echse, deren messerartiger Schwanz auf sie zugekommen war. Dann brach erneut Dunkelheit über sie herein. Als die das nächste Mal erwachte, war es draußen dunkel. Sie konnte Sterne am Himmel sehen, aber sie schienen viel größer als sonst zu sein. Talin spürte Wärme an ihrer nicht verletzten Seite und ihre Hand tastete sich diesem angenehmen Gefühl entgegen. Weicher Stoff und darunter ein harter Körper, der eine überwältigende Hitze ausstrahlte. Sie erinnerte sich an den Mann, der sie zuletzt gebeten hatte, wach zu bleiben. Was war geschehen, dass sie den arroganten Zweiten in ihr Bett gelassen hatte?, dachte sie ärgerlich, beschloss aber, regungslos zu verharren und erst einmal nachzudenken. Die seltsame Situation musste sich doch irgendwie erklären lassen.

Seine dunkle Stimme, die ihr wie keine andere eine wohlige Gänsehaut und eine genervte Stimmung zugleich bescherte, drang an ihr Ohr.
»Kannst du dich an das Geschehene nicht erinnern?«
Naim klang beinahe mitleidig, was Talin stärker verunsicherte als alles bisher Wahrgenommene.
»Wer bist du und was hast du mit dem Zweiten gemacht?«, wollte sie um ein Haar amüsiert fragen, aber ihr war eigentlich kaum nach Lachen zumute.
»Momentan sehe ich ein großes schwarzes Loch statt einer Erinnerung vor mir«, gab sie leise zu und spürte eine sanfte Berührung auf ihrer Wange.
»Kein Wunder. Du warst schwer verletzt und ich glaube, so knapp ist noch keiner dem Tod von der Schippe gesprungen.«
»Was ist geschehen? Wo sind wir hier?«
Statt einer Antwort folgte erneut eine Gegenfrage.
»Kannst du dich aufsetzen? Deine Wunde ist schon lange vernäht und auch wenn sie schmerzt, dürfte nichts mehr aufreißen.«
Talin nickte und Naim schob den Arm unter ihren Rücken und half ihr sich aufzurichten. Sie kämpfte einen Moment gegen den Schwindel an, dann drehte sie sich und ignorierte den inzwischen bekannten Schmerz in der Seite.
»Warte, ich helfe dir. Sitzen reicht, Talin«, mahnte Naim, aber sie schüttelte bockig den Kopf.
Er seufzte, dann lachte er leise.
»Natürlich hast du dich durch den Dornröschenschlaf kein bisschen geändert. Stur wie eh und je. Lass dir wenigstens helfen, bevor du wieder ohnmächtig wirst und die Wunde erneut aufreißt.«
Wortlos akzeptierte sie sein Angebot und erhob sich so behutsam wie möglich. Ihre Seite ziepte und sie nahm an, dass dies die Wundnähte verursachten, die nun erstmals gedehnt wurden. Leise versuchte sie, das unangenehme Gefühl wegzuatmen und duldete seinen stützenden Arm, der sich unter ihren Unterarm schob. Einen Schritt nach dem anderen setzte sie auf den felsigen Boden, der ihre nackten Füße kühlte. Eine gefühlte Ewigkeit später standen sie am Rand des Felsenzimmers und starrten in die Weite.
Talin war sprachlos. Jedes Gefühl der Unsicherheit, der Übelkeit oder dem Zorn darüber, von Naim Hilfe annehmen zu müssen, löste sich in unwichtigen Nebel auf.

Unter ihnen lag ein Garten Eden unter dem vom Vollmond beleuchtenden Nachthimmel. Bäume, Wiesen, eine Art Park mit Spazierwegen und Bänken schien es zu sein. Am Ende des Parks bewegte sich eine dunkelgraue Fläche und die Admiralin vernahm ein lautes Plätschern.
»Ist das dort hinten ein See? Auf welcher Scholle sind wir denn?«
»Kein See, ein kleines Meer mit wunderschönen Sandstränden unter Palmen, so etwas Paradiesisches habe ich noch nie gesehen. Noch nicht einmal auf den Himmels-Schollen meiner Familie.«
Seine Stimme klang beinahe andächtig, was für Talin wieder ein kleines Wunder war. Schweigend wartete sie darauf, dass er weitersprach, aber er starrte einige Zeit wieder hinunter in Richtung dieses wunderbaren kleinen Meeres.
Dann wandte er sich um und nahm Talin mit, indem er seinen Arm vorsichtig um ihre Taille schlang.
»Sieh dort hinunter, Talin.«
Ihre Augen wurden groß wie Untertassen. Wie ein großer blau-grün-schwarzer Ball lag Beretar vor ihnen mitten in der dunklen Weite des Raums. Die Schluchten waren als feine Haarrisse zu erkennen und vermutlich konnte man bei Tageslicht feststellen, ob es sich um eine Wald- oder Getreide-Scholle handelte, je nachdem ob es ein heller oder dunkler Fleck wäre. Airballoons oder Häuser waren auf diese Entfernung natürlich unmöglich auszumachen. Talin spürte, wie ihr Herz bei dem unbändigen Verlangen nach ihrer Heimat zu schmerzen begann.
»Wo sind wir hier? Und wie sind wir in diese Höhe gekommen? Warst du das mit deinem Airballoon?«, fragte sie zittern vor Spannung.
»Ich habe den Weg durch das Helle Tor gewählt, Talin. Es hätte auf Beretar keine Rettung mehr für dich gegeben. Deine Verletzung war zu schwer. Wie auch immer das möglich ist, kann ich dir nicht erklären, aber wir sind auf einer der Himmels-Schollen. Ich war allerdings noch nie auf dieser hier. Was seltsam ist ...«
Er stockte und Talin wandte sich ihm neugierig zu, obwohl ihr Atem immer noch schnell und flach ging, während sie versuchte, das Gehörte zu verarbeiten.
»Was ist seltsam?«
»Sieh dort hinüber nach Osten. Diese Scholle ist die Urlaubs-Scholle meiner Familie. Man kann sie einwandfrei erkennen, aber von dort drüben aus habe ich noch niemals eine Himmels-Scholle im Westen gesehen.«
»Das heißt, die Scholle war zuvor nicht dort? Oder sie wandert?«, fügte Talin gedankenvoll hinzu und Naim hob unsicher die Schultern. Auch eine neue Bewegung, die Talin an dem sonst so selbstsicheren Mann noch nie wahrgenommen hatte, die jedoch ein warmes Gefühl in ihr emporsteigen ließ.
»Möglich, ich kann es mir nicht erklären. Vielleicht können wir eine Transportmöglichkeit finden, um hinüber zu kommen. Dann wäre es mir ein Leichtes, meine Familie zu informieren und uns abholen zu lassen.«

»Diese Möglichkeit besteht leider nicht, es gibt keine Transportmittel auf Azurmia, die uns den Raum überwinden lassen«, erklang hinter ihnen eine kühle Stimme. Talin keuchte vor Schmerz auf, weil sie sich zu schnell umgewandt hatte.
Naim war über den Anblick ihrer Besucherin nicht überrascht, was nur bedeuten konnte, dass er ihr bereits zuvor begegnet war.
Eine Frau stand vor ihnen, die eine Ausstrahlung besaß, wie sie Talin noch nie von einem Menschen empfangen hatte.
Zunächst fiel die außergewöhnliche Statur auf, sie war beinahe einen Kopf größer als der hochgewachsene Naim, und Talin fühlte sich zwergenmäßig, obwohl auch sie keine kleine Frau war. Lange fließende Gewänder aus silbern schillernden Material verbargen nur schwer eine extreme Magerkeit und eine matt glänzende helle Haut. Alles an dieser Besucherin wirkte silbrig, aber auf eine unauffällige Art wie ein Diamant und hatte nichts mit einem funkelnden, protzigen Auftritt. Tätowierte zarte Runen liefen seitlich den Hals entlang in Richtung Schultern und auch sie glänzten leicht.
Die Gesichtszüge offenbarten eine ebenmäßige Schönheit. Das asketische Gesicht mit äußerst markanten Wangenknochen und einer langen schmalen Nase lebte von den großen, grausilbern strahlenden Augen. Weibliche Formen waren nur mit Mühe zu erkennen, trotz des beinahe bis zum Bauchnabel zulaufenden, offenherzigen Ausschnitts und die sportlich-schlanke Talin fühlte sich erstmals in ihrem Leben üppig gebaut.
Das Absurdeste an ihrer Besucherin war jedoch der kahle Kopf, der offensichtlich nicht rasiert wurde, sondern kein Haarwachstum vorweisen konnte. Nun fielen der Admiralin auch die fehlenden Augenbrauen auf. Die widersprüchlicherweise vorhandenen Wimpern besaßen eine ausgeprägte Länge und betonten im seidigen Schwarz diese besonderen Augen, die zugleich sanft wie auch kühl wirkten.
»Sei gegrüßt, Elysiana«, vernahm Talin erstaunt die ehrerbietige Stimme Naims. Naims höfliche Worte wurden nur mit einem Nicken quittiert, dann wandte sich die Frau an Talin.
»Es geht dir endlich besser, Talin?«
»Ja, vielen Dank. Verdanke ich dir meine ärztliche Versorgung?«
»Eine unserer Heilerinnen hat sich deiner angenommen, aber ihr Erfolg stand auf Messers Schneide. Die Degenschwänze der Feuerwarane enthalten sehr aggressives Gift, das sich rasch im Körper ausbreitet und gemeinhin nach wenigen Tagen zum Tode des Opfers führen. Dann machen sich diese Raubtiere über den Wehrlosen her, sofern es keiner der Feuerdämonen geschafft hat, ihn dem Reptil vorher mit einer List oder in einem Gruppenangriff abzujagen.
So oder so wäre der sichere Tod dein Schicksal gewesen, wenn dein Gefährte nicht so schnell den einzigen Weg gewählt hätte, dich zu retten. Denn wir besitzen ein Gegenmittel, wenn die Ausbreitung des Gifts nicht zu weit fortgeschritten ist.«
Talin schloss kurz die Augen, als sie sich ausmalte, dass einige der verbrannten Shades, die Elysiana wohl als Feuerdämonen bezeichnete, an ihrem noch nicht ganz leblosen Körper zu nagen begonnen hätten, wäre Naim nicht gewesen.
Sie wandte den Kopf zu ihm, der sie etwas verlegen anlächelte.
»Ich danke dir, Naim, und hoffe, dass es für dich nicht bedeutet, deine Familie nie wiedersehen zu können.«
Der Fürstensohn zuckte kurz zusammen, dann brach sein aggressiv-lässiger Charme durch und er zwinkerte Talin anzüglich zu.
»Du wirst mich doch darüber hinweg trösten, Süße?«
Talin war beinahe froh, als sie den gewohnten Zorn über seine Anmaßung in sich heraufsteigen spürte, aber sie hielt sich zurück.
»Du hast mein Leben gerettet, wir werden sehen«, erwiderte sie um Freundlichkeit bemüht und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als seine dunklen Augenbrauen erstaunt nach oben zuckten.
»Eine nachgiebige Admiralin? Das Gift lähmt sie wohl immer noch ein wenig, vermute ich«, wandte er sich an Elysiana, die das Geplänkel, ohne eine Miene zu verziehen, verfolgt hatte.
»Eher die Schmerzmittel, würde ich sagen. Aber das kommt wieder in Ordnung«, war die trockene, gefühllose Antwort.
Talin musste lachen, was die beiden anderen erstaunt dreinblicken ließ. Aber sie fühlte erstmalig die Spannung in ihrem Körper schwinden, auch wenn sie zugleich wieder eine lähmende Müdigkeit überkam. Elysiana beugte sich vor und musterte Talins Augen.
»Du solltest dich wieder etwas ausruhen. Nicht zuviel Anstrengung auf einmal. Ich lasse euch etwas zu essen bringen.«
Sie griff nach Talins Arm und diese spürte unter dem seidenweichen Gewand nur Muskeln, Sehnen und Knochen, was die immense Kraft, die Talin in Richtung Diwan schob, nicht erklärte.
Talin ließ sich vorsichtig nieder und spürte entsetzt, wie ihre Beine zitterten und sie Mühe hatte, diese auf die niedrige Liegefläche zu schwingen.
Elysiana wandte sich an Naim. Talin erkannte trotz ihrer bereits hinabsinkenden Lider, dass sie einen speziellen Ohrschmuck zu tragen schien. Die Ohren, spitz nach oben zulaufend, waren von einem silbernen Metallhäubchen mit zierlichen Mustern und kleinen Kettchen bedeckt, die bei der kleinsten Kopfbewegung ein leises Klingeln auslösten.
Nebel senkte sich über Talins Blick und ihr Bewusstsein schwand erneut.


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Eure Ainoah

 

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