Trügerische Schönheit – das Schicksal nähert sich im Verborgenen.
Eine weiße Decke wie Zuckerguss liegt über unserem Land und auch auf den Rocky Mountains.
Doch meine nächste Titelheldin aus der Dawson-Reihe hat den Ort gewechselt. Sie ist ausgebrochen aus dem eher ländlichen Boulder, hat sich herausgewunden aus den schützenden Armen, an die sich sich gerade erst gewöhnt hatte. Savannah fühlt sich in der Großstadt Denver sehr wohl, was an einem bestimmten Mann liegt. Nein, es ist nicht der, an den alle denken, die "Jolene" und Erin" bereits gelesen haben und neugierig auf die Fortsetzung sind. Das Mädchen hat sich Versuchung und Verlangen widersetzt und strebt nach einem ruhigen Leben, an einem festen Wohnort mit Job und einer beständigen Liebe.
Die Entwicklung meiner Hauptperson habe ich nun festgelegt, unterstützt von nie vorhersehbaren Wendungen, die durch Geschehnisse, neue Personen oder Dialoge an den Autor herangetragen werden. Ja, es ist tatsächlich so, dass sich vieles erst im Lauf des Schreibens herauskristallisiert.
Savannah war ein traumatisiertes, motziges Girl. Jetzt steht sie wieder mit den Beinen fest auf dem Boden und testet das Leben aus. Deutlich mehr schlechte Erfahrungen, wie andere Jugendliche in ihrem Alter haben, lassen sie besonnener und bestimmter auftreten. Doch sie nimmt mit, was sie kriegen kann. Jede Mutter kennt das von ihren pubertierenden Kindern und fleht darum, dass diese Phase des Austestens und Forderns bald vorüber geht. Jolene ist klüger als viele von uns Glucken-Mamas. Sie lässt Savannah ziehen, nicht ohne der jungen Frau das Bewusstsein, geliebt zu werden, mitzugeben.
Riff Dawson dagegen will das Mädchen, das durch seine Träume geistert, nicht einfach entwischen lassen. Doch das Schicksal macht ihm einen dicken Strich durch die Rechnung. Savannahs Erinnerungen an ihre Vergangenheit brechen wieder hervor und sie weiß, sie muss das Weite suchen, ohne Rücksicht auf Riff. Wird sich Savannah selbst treu bleiben? Oder verwandelt sie sich in eine Erwachsene mit vernünftigen Ambitionen?
Leseprobe aus »Savannah« (Erscheinungstermin Frühsommer 2017):
Die Haustür öffnete sich und ich erkannte die dunkle Stimme Raines und die etwas hellere Riffs.Ich konzentrierte mich auf die Mail und versuchte vergebens, das Gespräch auszublenden.
Die Männer unterhielten sich mit Merry und den Mädchen und es wurde gelacht. Es war lächerlich, dass ich hier saß und mich verkroch. Man erwartete von mir sicherlich, dass ich zu ihnen ging und Riff willkommen hieß. Aber ich konnte meinen Widerwillen nicht überwinden. Vielleicht hatte ich Glück und irgendjemand gab Riff etwas zu tun, so dass ich ihn erst zur Trauung im Menschengemenge treffen musste.
»Guten Morgen, Savannah.«
Kein Glück. Ich atmete tief ein und drehte mich gespielt lässig mit dem Bürodrehstuhl um.
Entspannt lehnte er, eine dampfende Tasse in den Händen, an der Tür und beobachtete mich leicht amüsiert.
Ich brachte kein Wort hervor. Verdammt, ich hasse diese Blutleere im Hirn. Eine flapsige Bemerkung oder wenigstens ein »Guten Morgen« wären doch nicht zuviel verlangt.
Mein Blick blieb an seinen Augen hängen. Nicht ganz so blau wie sonst, zeigten sie eine Müdigkeit, die ich kannte. Sie kam von dem Gefühl des Ausgeliefertseins.
»So schlimm?«, fragte ich mühsam und seine Unbekümmertheit bröckelte kurz. Er zog sich einen Stuhl heran und nahm rittlings ganz nah vor mir Platz. Seine Stimme klang ungewohnt leise.
»Nicht schön. Aber ich kann mich nicht beschweren. Außer über diese idiotische Tatsache, dass man mich des Mordes an diesem Dreckskerl verdächtigt.«
»Irgendwer muss den Kopf immer hinhalten. Du warst eben am Nähesten dran.«
Meine Stimme hörte sich bitter an und der Ausdruck in seinen Augen änderte sich. Mitleid hasse ich auch.
Er griff nach meiner Hand und ich spürte die Kälte. Kam sie nur von den Temperaturen vor dem Haus oder aus seinem Inneren? Instinktiv strich ich mit den Fingern meiner anderen Hand über seinen Handrücken.
»Savannah, ich musste die ganze Nacht an dich denken«, brach es aus ihm hervor. »Die Tatsache, dass du noch Schlimmeres durchmachen musstest, ist mir erst jetzt bewusst geworden.«
Ich schwieg. Was hätte ich sagen sollen?
»Es tut mir so leid, dass du niemanden hattest, der sich für dich eingesetzt hat.«
Da war er wieder: Der Schmerz über den Verrat eines Mannes, den ich geliebt hatte, mit jeder Faser meines Herzens.
Abrupt entriss ich ihm meine Hand und stand auf. Er drückte sich ebenfalls aus dem Stuhl und sah mich verwirrt an.
»Du musst kein Mitleid mit mir haben. Ich war ja nicht unschuldig. Ich war nur dumm und unreif. Habe einem Mann vertraut. Du dagegen bist unschuldig.«
Seine Hand hob sich an meine Wange und ich schloss die Augen. Ein ängstliches Sehnen erfüllte mich.
»Hättest du Rückhalt bei deinen Eltern gehabt, wäre das nicht passiert.«
Ich öffnete die Augen und sah ihn stirnrunzelnd an.
»Wenn du das glaubst, glaubst du wohl auch an Märchen. Es gibt genügend Jugendliche mit fürsorglichen oder strengen Eltern, die auch im Knast landen. Ich war eine Idiotin und die Welt hat sich auch ohne mich in Freiheit weitergedreht.«
Diese Worte verstärkten das Mitleid in seinem Gesichtsausdruck weiter und er versuchte, mich an sich zu ziehen. Das Gefühl ersticken zu müssen, wurde übermächtig. Das kannte ich aus meinen ersten Therapiewochen, aber ich hatte es lange nicht mehr gespürt. Ich musste raus hier, sofort.
»Lass mich los, Riff.«
Meine Stimme klang heiser und ich schob ihn so unerwartet heftig weg, dass er beinahe das Gleichgewicht verlor.
»Savannah, was habe ich denn getan? Warte doch! Lass uns reden.«
Aber ich lief schon nach draußen.
Ich wünsche euch allen einen schönen Spaziergang im Schnee
Katie